Freiwillige Selbstverpflichtung und Erklärung von Filmschaffenden zum „Grünen Drehen“

Wir möchten mit dieser freiwilligen Selbstverpflichtung Eigenverantwortung übernehmen, denn wir sind davon überzeugt, dass Veränderung immer bei einem selbst beginnt. Es geht darum, nach neuen Wegen und Lösungen zu suchen, um aktiv daran mitzuwirken, dass die Produktion von Filmen verantwortungsvoller und nachhaltiger wird.

Alle Gewerke tragen ihren Anteil zur CO2-Bilanz eines Filmes bei, deswegen haben wir uns dazu entschieden, auch die Gewerke mit einzubeziehen, auf die wir keinen direkten Einfluss haben.

Es geht uns darum, den gemeinsamen Dialog zu eröffnen und unsere Anregungen zu teilen, die wir bei der Recherche und in Gesprächen mit den jeweiligen Departements erörtert haben. So können wir alle vorhandenen Potentiale ausschöpfen und damit die Emissionen einer Filmproduktion verringern.

Mit den folgenden 13 Punkten formulieren wir unsere Idealvorstellung vom „Grünen Drehen“, auf die wir mit euch
allen gemeinsam hinarbeiten wollen.

1. Kommunikation

Wir sind davon überzeugt, dass gute Kommunikation der Schlüssel ist, um gemeinsam neue Wege zu gehen.
Wenn man weiß, wofür etwas gut ist, ist man eher dazu bereit, mit alten Gewohnheiten zu brechen.
Darum regen wir dazu an, bereits in der Vorproduktion und beim Warm-up über etwaige Abweichungen von der Norm, die dem Umweltschutz dienen, zu informieren.
Wir selbst wollen im frühzeitigen und regen Austausch mit Regie und Produktion, dem Green Consultant, sowie mit den Kostümbildner*innen, Maskenbildner*innen und Szenenbildner*innen sein, um dann gemeinsam möglichst ressourcenschonend arbeiten zu können.
Wir bitten in dieser Hinsicht auch Produktion und Regie, bereits im Vorfeld mit den einzelnen Departements über Maßnahmen zur Vermeidung von Energie und Materialverbrauch zu sprechen.

2. Reisen und Transport

Die CO2-Emissionen im Reise- und Verkehrsbereich nehmen nach wie vor zu und sind auch bei Film und Fernsehen einer der größten Umweltfaktoren.
Deswegen versuchen wir grundsätzlich Reisen zu minimieren und so emissionsarm wie möglich zu gestalten. Da die Bahn das derzeit umweltfreundlichste Transportmittel ist, bevorzugen wir diese innerhalb Deutschlands, und wenn möglich auch ins Ausland (z.B. Nachtzüge). Daher bitten wir die Produktionen, die Reisezeit für Schauspieler*innen und Teammitglieder*innen in der Disposition so zu planen, dass An- und Abreisen mit der Bahn möglich werden.
Nur wenn es wirklich nicht vermeidbar ist, sind wir bereit, zu fliegen. In dem Fall müsste, je nach Verantwortlichkeit, eine entsprechende CO2-Kompensation bei einer anerkannten Umweltorganisation getätigt werden. Wir wünschen uns, dass die Materialtransporte und die täglichen Fahrten zum Set gebündelt und emissionsarm durchgeführt werden. Elektro-, Hybrid- und CNG-Fahrzeuge sind Diesel- oder Benzin-Fahrzeugen gegenüber zu bevorzugen.

3. Unterbringung

Hotels sind neben dem Transport häufig die größte CO2-Quelle in der Ökobilanz einer Produktion.
Deshalb präferieren wir Appartements oder Hotels mit hohem Umweltstandard in der Nähe des Sets und der
anderen Teammitglieder, so dass auch die Fahrten durch Fahrgemeinschaften weitestgehend reduziert werden
können.
Bei der Unterbringung am Set sind Wohnwagen und Camper mit hohen Emissionen verbunden. Auch hier sind
wir gerne bereit, gemeinsam nach umweltfreundlicheren Lösungen zu suchen.

4. Catering

Die Herstellung von Lebensmitteln trägt maßgeblich zum menschengemachten Klimawandel bei, da sie, je nach
Nahrungsmittel, eine sehr hohe CO2-Bilanz hat.
Wir fordern daher, beim Set- bzw. Produktionscatering vorwiegend biologische, regionale und saisonale Lebensmittel zu verwenden. Insbesondere Fleisch- und Milchprodukte sollten weitestgehend reduziert werden, indem
vermehrt vegane Optionen angeboten werden. Unser Ziel ist es, im Dialog mit den Produktions- und Setteams
dafür zu sorgen, dass Fleisch nur an einem Tag in der Woche im Catering angeboten wird, dafür in höchster
Bio-Qualität.
Sofern es nicht möglich ist, tierische Lebensmittel in biologischer Qualität und aus artgerechter Tierhaltung
anzubieten, sind wir bereit, darauf zu verzichten, weil wir in keiner Weise Produkte aus der Massentierhaltung
unterstützen möchten.
Wir sind überzeugt, dass eine bewusste, gesunde und hochwertige Ernährung dazu beiträgt, die vom Team geforderte Leistung während der Dreharbeiten zu erbringen. Um das gewährleisten zu können, wäre es notwendig, die Essenspauschale pro Kopf zu erhöhen. Die Finanzierung dessen sollte von den Auftrag gebenden Sendern
und der Filmförderung gedeckt werden.
Zudem regen wir die Produktionen dazu an, bereits im Vorfeld das gesamte Team zu fragen, welche Art und Qualität von Nahrungsmitteln gewünscht wird, um so besser planen zu können und Lebensmittelverschwendung zu vermeiden.

5. Kostüm

Die Umweltbilanz und die Produktionsbedingungen von neuen Textilien sind in den meisten Fällen sehr schlecht. Wir bevorzugen deshalb Secondhand und Fundus-Kleidung, da dies nicht nur ressourcenschonender, sondern oft auch inhaltlich sinnvoller ist.
Wir bitten auf den Kauf von Fastfashion und Discounterkleidung zu verzichten und wenn nötig, im Gegenzug dazu, auf Kooperationen mit nachhaltigen Firmen zu setzen. Nicht sichtbare Kleidung wie Unterwäsche, Socken und, wenn vorhanden, eigene Wärmekleidung, können nach Absprache von uns selbst mitgebracht werden.
Wir sind auch dazu bereit, persönliche Kleidungsstücke mit einzubringen, sofern wir uns mit Regie und Kostümbild darüber einig sind, dass diese zur Rolle passen und wir uns wohl damit fühlen.

6. Maske

Viele Make-Up und Haar-Produkte enthalten Mikroplastik und andere umweltschädliche Inhaltsstoffe, auf die wir verzichten möchten. Wir bevorzugen Naturkosmetik, die ohne Tierversuche hergestellt wurde und bitten auch bei Haarprodukten auf Nachhaltigkeit und Biozertifikate zu achten. Wir möchten Müll vermeiden. Wenn Einwegprodukte verwendet werden müssen, dann sollten diese aus nachhaltigen Rohstoffen gefertigt sein.

7. Plastik-, Abfallvermeidung & Recycling

Wir verzichten bewusst auf Einwegprodukte und bitten die Produktionen, Sender und Verleiher, dies auch zu tun, um ebenfalls Kunststoff- und Plastikverpackungen zu vermeiden.
Sollte das aufgrund von zurzeit obligatorischen Hygienemaßnahmen nicht möglich sein, wünschen wir, dass auf kompostierbare Einwegverpackungen zurückgegriffen wird.
Wir bringen gerne wiederverwendbare Alternativen wie unsere eigenen Trinkbecher und -flaschen mit zum Set. Wenn dies nicht möglich ist, regen wir dazu an, Mehrwegflaschen gegen Pfand zur Verfügung zu stellen, um diese dann an Wassergallonen
auffüllen zu können.
Sämtliche anfallenden Materialien und Abfälle sollten konsequent recycelt bzw. getrennt werden (inklusive Biomüll).
Wir bitten darum, dass Drehbücher nur auf Wunsch hin und auf Umweltpapier ausgedruckt werden.
Generell regen wir dazu an, für den gesamten Bürobedarf auf umweltschonende Produkte zurückzugreifen.

8. Requisite

Jeder Gegenstand erzählt etwas. Wir wünschen uns, dass darauf geachtet wird, das Thema Nachhaltigkeit einzubauen,
sofern es zur Geschichte passt. Das hieße, wo es nicht essentiell für die Geschichte ist, auf nicht nachhaltige Gegenstände zu verzichten und nach Möglichkeit bereits gebrauchte Gegenstände zu verwenden.

9. Szenenbild & Ausstattung

Wir bitten darum, dass Plastik und Styropor vermieden und wiederverwertbare oder umweltfreundliche zertifizierte Materialien priorisiert verwendet werden. Ausstattungsstücke sollten nach Möglichkeit gemietet, statt gekauft werden und nach der Produktion, zur weiteren Nutzung weiterverkauft bzw. in einen Fundus eingebracht werden.

10. Technik & Postproduktion

Wir bitten Produktion und Regie, dafür Sorge zu tragen, dass auch bei der Technik darauf geachtet wird, Energie zu sparen und Materialverbrauch zu vermeiden. Wenn es möglich ist, sollte Feststrom durch Ökostromanschlüsse genutzt werden. Sollten Generatoren zum Einsatz kommen müssen, wünschen wir, dass auf Gasgeneratoren, Hybride oder mobile Stromspeichersysteme zurückgegriffen wird.
Generell sollten vermehrt LED-Lampen zum Einsatz kommen. Es gilt zu hinterfragen, wie viel überhaupt geleuch tet werden muss oder welche kreativen Lösungen mit Tageslichtnutzung gefunden werden können.
Auf Batterien bitten wir generell zu verzichten und stattdessen nur aufladbare Akkus zu verwenden.
Auch bei der Auswahl der Studios und bei der Postproduktion sollte auf reduzierten Energieverbrauch und Ökozertifizierung geachtet werden. Soweit möglich, sollte man lokale Verleiher bevorzugen, um Transportwege zu vermeiden.

11. Storytelling

Wir sind uns der Vorbildfunktion der Filme, Geschichten und Bilder die wir Filmschaffende kreieren, bewusst.
Deswegen erachten wir es als wichtig, die Chance, die wir durch unser Medium haben, mit dem wir so viele Menschen erreichen und beeinflussen können, zu nutzen und verantwortungsvoll damit umzugehen.
Es geht darum, zu überprüfen, ob die Bilder und Begehrlichkeiten, die wir erschaffen, der Geschichte wirklich zuträglich sind oder ob sie einfach nur auf gewohnte Selbstverständlichkeiten zurückzuführen sind, die vor dem Hintergrund der Klimakrise
überdacht werden sollten, wie z.B.: Fliegt die Figur oder fährt sie mit der Bahn? Müssen die Kinder mit dem Auto zur Schule gebracht werden oder fahren sie mit dem Fahrrad? Wie viele verschiedene Outfits sind pro Figur und Spieltag realistisch? Was wird von unseren Figuren gegessen? Welche Figur hat ein ökologisches Bewusstsein? Und wird auch auf Diversität und Gleichberechtigung geachtet?
Dadurch soll nicht die kreative Freiheit eingeschränkt werden. Im Gegenteil, wir wollen, indem wir unseren Blick auf GreenStorytelling schärfen, noch kreativer und vielfältiger in unseren Geschichten werden.

12. Transparenz

Wir verpflichten uns dazu, unsere Erfahrungen, die wir in den jeweiligen Produktionen machen, ehrlich und offen
mit anderen Produktionen, Sendern und Verleihern sowie mit Kolleg*innen und Agenturen zu teilen.
Auch der Umgang mit Hindernissen und Problemen muss thematisiert werden, denn nur so können wir voneinander lernen,
uns gegenseitig motivieren und wirklich etwas verändern.

13. Ressource Mensch

Es geht uns nicht nur um umwelt- und ressourcenschonendes Arbeiten, auch die Ressourcen aller Mitwirkenden einer Produktion müssen beachtet werden. Dies sollte bereits in der Vorbereitungszeit sowie in der Anzahl der Drehtage eines Projekts mitbedacht werden. Nur so kann nachhaltiges und qualitativ hochwertiges Arbeiten gewährleistet werden.
Wir appellieren daher an die Auftrag gebenden Sender und Filmförderungsanstalten, bei der Budgetierung eines Films,
die Ressource Mensch unter fairen Arbeitsbedingungen mitzudenken.

Mit meiner Unterschrift setze ich mich dafür ein, dass der Umweltschutz am Set mehr Gewicht bekommt und das „Grüne Drehen“ zum Standard wird.